SPD-Kreistagsfraktion

Erinnern und Gedenken in Zeiten des Wandels

Das geht auch online. Ist das jetzt gut oder schlecht? Gezwungenermaßen muss die Gedenkfeier für die Gefangenen und Zwangsarbeiter der REIMAHG digital stattfinden. Die Pandemie zwingt uns nach wie vor zum Abstand halten. Kreativität ist gefragt. Dass sich für diese Form des Erinnerns und Gedenkens zwei Vereine zusammengefunden haben, die sich in den letzten Jahren teils unversöhnlich gegenüberstanden, macht Mut und gibt Hoffnung.

Digital, analog, wieso überhaupt?

Die gefundene Lösung über eine Online-Plattform macht das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auch Gruppen zugänglich, die sonst kaum vor Ort präsent wären. Reisen entfallen, lange Wege werden kürzer, jetzt ist es nur ein Klick, bis die Botschaften aus aller Welt über den Bildschirm flimmern. Die Botschaften, seien es Bilder, Briefe, Videos oder andere Quellen, werden auf der Plattform zugleich Teil eines Archivs für die Nachwelt. Das digitale Erinnern und Gedenken kann jedoch das Gefühl nicht ersetzen, dass der authentische Ort vermittelt. Die Vorstellung, welche Grauen sich hier abgespielt haben mögen, welche Leiden, aber vielleicht auch, welche kleinen Freuden es gab, ist durch ein rein digitales Erleben erschwert. Ein digitaler Bericht eines Überlebenden ist gewichtig, aber umso wirkmächtiger je präsenter die Person vor Ort im tatsächlichen Erleben ist. Die digitalen Zeugnisse könnten hingegen auch für den Unterricht genutzt werden. Die Lehrer sollten mit den Schülern an den Ort gehen, wo in nächster Nachbarschaft die Nationalsozialisten tausende Menschen haben schuften und sterben lassen. Genau diese Nähe zu den Ereignissen, die Tatsache das Grauenhaftes nicht nur in den KZ´s im Osten stattfand, sondern wortwörtlich vor der eigenen Haustür, in der eigenen Region, in der wir heute leben, vermag den Einen oder die Andere zum Nachdenken anregen. Es ist einfach etwas in einem Buch zu lesen, am Ort des Geschehens zu stehen, die Worte der Überlebenden im Ohr und die Bilder vor Augen, kann eindrücklich sein und die Sinne für die Gegenwart schärfen. Wieso so lange nach Ende des 2. Weltkrieges noch ein Gedenken nötig sei? Weil die Gefahr nicht gebannt ist, dass sich die Gräuel wiederholen. Rechtextreme Positionen sind wieder gesellschaftsfähig geworden, Minderheiten werden ausgegrenzt, Menschen nach Wert sortiert. Die Zeiten sind wieder rauer geworden. Es ist Aufgabe der Gesellschaft und der Politik, ein Vergessen nicht zuzulassen und gelegentlich einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Auch wenn sich Geschichte nicht wiederholt, lehrt sie uns, wie schnell es gehen kann. Ich werde am 13. April mit meinen Kindern die Beiträge anschauen und ihnen die Orte der Verbrechen zeigen. Sie sind alt genug, um zu wissen, zu welchen Taten Menschen fähig sein können – wenn man sie lässt. Sie sollen lernen, die Zeichen zu erkennen und dass es Mut braucht, um sich dagegen aufzulehnen und für die freie Gesellschaft, die wir haben, einzutreten. Deshalb braucht es Erinnern und Gedenken, analog und digital. In Zeiten des Wandels umso mehr.

Irene Schmidt für die Kreistagsfraktion und den Kreisverband der SPD im Saale-Holzland-Kreis

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